„Animadversio“
Was ist Raum? Wie nehmen wir diesen wahr? Mit welchen Mitteln können neue, teilweise auch imaginäre Räume erschaffen werden? Welche Wirkungen erzeugen Räume, denen wir in unserem Alltag begegnen oder die wir sogar intentional aufsuchen? Welchen Einfluss haben künstliche oder natürliche Veränderungen?
Inwiefern ist Gewohnheit Teil unserer Wahrnehmung und inwieweit lässt sich diese durchbrechen? In einer immer schneller werdenden Leistungsgesellschaft steht man vermehrt unter dem Druck, möglichst viel in kurzer Zeit zu erreichen. Dies überträgt sich oft auch auf unsere Freizeit und unser Medienverhalten. Besonders in der heutigen digitalen Welt ist der schnelle Konsum als fortschreitender Trend zu beobachten. Durch Plattformen wie Tik Tok, Instagram, YouTube u.a. wird ein schnell konsumierendes Verhalten anerzogen, welche auch eine Schnelllebigkeit im Alltag zur Konsequenz hat. Es soll möglichst wenig Zeit dafür aufgebracht werden, Informationen zu erhalten, und es besteht die stete Erwartungshaltung, auf dem neuesten Stand der Dinge sein zu müssen. Die Bereitschaft dafür, etwas auf sich wirken zu lassen und sich mit etwas auseinanderzusetzen, was nicht dieser aufbereiteten Form entspricht, sinkt. Diese Tendenz ist zu
einem Bestandteil unseres Alltags geworden und bestimmt unsere Gewohnheiten und die Fokussierung unserer Wahrnehmung. Es ist somit nicht verwunderlich, dass sich diese Verhaltensstrukturen auch immer stärker auf die Bereitschaft zur Erfahrung von Kunst übertragen. Ist diese Bereitschaft jedoch nicht vorhanden, gleicht dies einer „Zensur“ der künstlerischen Arbeit durch Zeitmangel, denn das Bewusstsein für den Mehrwert des Kunstwerkes für einen reflektierenden, kontemplativen Betrachter kann so gar nicht erst entstehen.
In dem Projekt „Animadversio“ sollen verschiedene witterungsbeständige mediale Module entwickelt werden, welche temporär an verschiedensten Orten in Kiel installiert werden können und Veränderungen in der Raumwahrnehmung bewirken. Besonders der öffentliche Raum und dessen Zugänglichkeit als direktes, alltägliches Lebensumfeld, bietet hierzu einen „neutralen“ Begegnungsraum außerhalb von institutionellen Einrichtungen, welcher einen unmittelbaren und unvoreingenommenen Dialog zwischen den Menschen und der Kunst ermöglichen kann. Durch künstlerische Interventionen sollen im Alltag der Menschen unerwartete Erfahrungen angestoßen werden, durch welche ein Interesse und letztlich ein Bedürfnis danach geweckt
werden, innezuhalten, zu verweilen, sowie den umgebenden Raum und sein Umfeld wieder bewusst zu erleben und sich mit diesen auseinanderzusetzen. Sowohl Einwohner, wie auch Besucher sollen für eine subjektive Wahrnehmung ihrer Umgebung sensibilisiert werden und dieser mit neuer Aufmerksamkeit begegnen. Je nach Wetterlage und Tageszeit (die natürlichsten Faktoren, welche auf unsere Wahrnehmung täglich Einfluss haben) werden innerhalb der Module verschiedene visuelle und auditive Elemente aktiviert, welche speziell auf die jeweilige genutzte Örtlichkeit angepasst sind. Das Wetter wird somit zum Dirigenten der Installationskomposition und bewirkt eine ortsspezifische Dynamik. Wind, Sonne und Regen sollen gleichzeitig als Energieversorger der Module dienen, womit diese bestenfalls vollkommen energieautark agieren.